Full circle, from the tomb of the womb to the womb of the tomb we come; an ambiguous, enigmatical incursion into a world of solid matter that is soon to melt from us, like the substance of a dream. And looking back at what had promised to be our own unique, unpredictable, and dangerous adventure, all we find in the end is such a series of standard metamorphoses as men and women have undergone in every quarter of the world, in all recorded centuries, and under every odd disguise of civilization. (Joseph Campbell)Joseph Campbell (1949): The Hero With a Thousand Faces. Princeton University Press; Bollingen Series, 1973. (p.12f.)
(Wir umrunden den Kreis vom Grab des Schoßes zum Schoß des Grabes; ein zwiespältiger, rätselhafter Vorstoß in eine Welt fester Materie, die alsbald wieder von uns schmelzen wird, wie die Bilder eines Traumes. Und wenn wir zurückschauen auf das, was einmal versprochen hatte, unser einzigartiges, unvorhersehbares und gefährliches Abenteuer zu sein, dann finden wir am Ende nur eine Reihe von normalen Metamorphosen wie Männer und Frauen sie in jedem Winkel der Welt, in allen Jahrhunderten und unter jeder beliebigen zivilisatorischen Verkleidung erlebt haben.)
Unterwegs auf dieser Reise beginnen wir manches nach unseren Neigungen, Wünschen oder auch aus Not, lassen es wieder, beginnen Neues. Es ist ein Prozess, in dem wir uns mehr und mehr auffächern und differenzieren. Etwas verbindet jedoch: die Gestalt des Wegs.
Mit dieser Differenzierung geschieht aber von frühester Kindheit an auch eine Fragmentierung, eine Art Ab- und Aufspaltung. Unsere psychischen Prozesse - und mit ihnen auch die assoziierten Hirnstrukturen - scheinen durch bestimmte Erlebnisse und Erfahrungen, vor allem in den ersten Lebensjahren, fragmentiert zu werden, so dass viele davon selbständig ablaufen und mit anderen Prozessen entweder in Übereinstimmung sind oder aber kollidieren. (Besonders deutlich wird das bei traumatischen Erlebnissen, die in aller Regel eine Art Eigenleben entwickeln.) Es hat Versuche gegeben, die Fragmentierung durch pädagogische Maßnahmen, etwa der antiautoritären Erziehung zu verhindern. Diese Versuche sind, soweit ich weiß, fehlgeschlagen. Es scheint als sei die Fragmentierung mit der Entwicklung des Bewusstseins gekoppelt und als könne man lediglich traumatische Exzesse verhindern. Das Paradies muss verloren gehen.
Es sei am Rande bemerkt, dass die Fragmentierung auch die Grundlage der Naturwissenschaft ist, in der wir die Wirklichkeit durch Begriffe trennen und sezieren, und durch eben diese Begriffe dann wieder Klassen zusammenfügen.
Die später stattfindende psychotherapeutische oder spirituelle Arbeit an der personalen Integration und der Aufhebung der Fragmentierung beginnt daher durch ein (An-)Erkennen ihrer Existenz und Entstehung. In psychologischen Theorien wird diesem Umstand Rechnung getragen etwa durch die Einführung von funktionellen Einheiten (Ich-Es-Überich; Ego States; Schemata; usw.) oder durch anatomisch-funktionelle Unterteilung (z.B. Paul MacLean's Triune brain'Dreieiniges Gehirn': 1. Reptilienhirn (Hirnstamm, Basalganglien), 2. Limbisches System, 3. Neokortex). Interne Konflikte sind dann Konflikte zwischen solchen Einheiten und sie sind das notwendige Ergebnis dieser Fragmentierung.
Zur Lebensmitte erfolgt eine Wendung, wenn wir nämlich sehen, dass wir nun mehr hinter als vor uns haben. (Freud hat sich, wie Campbell (a.a.O.) bemerkt, mit den Ereignissen und Veränderungen der ersten Hälfte des Kreises, und Jung mit denen der zweiten beschäftigt.)
Die zweite Hälfte des Weges ist weit mehr als nur ein Rück-Gang, eine 'Involution'. Erst jetzt haben wir durch die entfaltende Differenzierung der ersten Hälfte die Erfahrung und die Gelegenheit, in dieser Vielfalt das Wesentliche und das Gemeinsame zu bestimmen. (Die Jungen leugnen das, weil sie es nicht sehen können, die Alten manchmal, weil sie es nicht sehen wollen, sondern zurückschauen und der Jugend nachtrauern.)
Spätestens jetzt geht es also um eine Rücknahme der Fragmentierung, eine Integration der vielen im Laufe des Lebens angesammelten Stücke in ein Ganzes.
(Was ich als Psychotherapeut mit einzelnen Personen integrierend versuche, das versuche ich auch auf diesen Seiten mit einigen zugrundeliegenden Strukturen.)
Die 'Heldenreise' - so wieder Campbell (a.a.O.) - besteht aus dem Aufbruch, der Aufgabe und der Heimkehr. Und wie uns schon die alten Geschichten, z.B. die von Odysseus, lehren, braucht die Heimkehr oft genauso lang, wie der Aufbruch und die Aufgabe.
Seinskreis
Der SeinskreisDieser Abschnitt ist Hunter Beaumont und Gila Rogers in Dankbarkeit gewidmet. ist das, worin wir aufgestellt sind. Wir stehen in einem großen Kreis mit allen anderen.
Manche aber stehen mit dem Rücken zur Mitte. So ist es vor allem, wenn wir mit unserem Ego identifiziert sind. Wir sehen dann den Kreis nicht, sondern nur ein 'Außen', dem wir nicht zugehören. Der Kreis besteht aber immer. Wir machen ihn nicht, sondern haben an ihm Teil. Wir sind auch immer in ihm, nur sehen wir es nicht, solange wir umgewendet sind. In der Identifikation mit dem Ego ist der Blick auf die Teilhabe und die Seele als Verbindendes und Gemeinsames verstellt.
Das 'Nach-Hause-Kommen', die 'Heimkehr' in diesem Sinne ist die Rückwendung zur Mitte. Und wie im Bild der Heldenreise dauert sie oft sehr lange, gelingt vielleicht auch nur zeitweise, und wir spüren immer wieder den Impuls, der uns nach außen dreht. Nach außen gewendet sind wir verlassen. Dieser Einsamkeit und Verlassenheit begegnen wir durch Tätigkeit, durch das Ansammeln von 'Zeug' und Besitztümern, auch durch oberflächliche Beziehungen oder durch Betäubung. Ein großer Teil der 'Leistungsfähigkeit' unserer Industriegesellschaft beruht darauf, dass wir angehalten werden, uns nach außen zu wenden: "Louder, harder, faster". - Es ist ein Aspekt der Heideggerschen Seinsvergessenheit. Aber auch die normale und notwendige Auseinandersetzung mit der Welt in unserem Alltag beruht darauf.
Diesem 'Außen' stehen wir gegenüber. Dort sind wir tätig, mit Begeisterung, Furcht, Liebe oder Aggression, je nach dem. Wir greifen ein, verändern, erschaffen und behandeln. (Auch uns selbst, denn auch uns selbst stehen wir so gegenüber.) Von dort her kommt uns das stolze Gefühl auf das Erreichte und auch das bittere der Niederlage. Sobald wir aber zur Ruhe kommen wollen, merken wir, dass etwas fehlt, wenn nichts zu tun ist.
In der Wendung zur Mitte sind wir nicht gegenüber, obwohl ja in einem Kreis jeder auch ein Gegenüber hat. Wir sind aber darauf nicht bezogen, sondern auf die Mitte und den Kreis als Ganzes. (Und wenn wir diese Wendung zur Mitte einmal erlebt haben, fällt es oft leichter, das nach außen Gewendete gelassener anzuschauen, es da-sein zu lassen und ihm zuzustimmen, denn wir wissen jetzt, dass Kreis und Mitte existieren.)
Im Kreis als der vollkommenen geometrischen Form gibt es keine ausgezeichneten Punkte. In ihm sind wir alle wesentlich gleich und gleich wesentlich.
Die Mitte des Kreises besteht nicht ohne ihn und er nicht ohne sie.
Die Mitte selbst ist leer.